Am 18. April 2019 erschien das Buch "111 Tiere und Pflanzen an der Mosel, die man kennen muss" von Carsten Neß und Theo Haart. Im 240seitigen Taschenbuch wird auf Seite 143 auch der Razejungewingert genannt. Ein perfekter Begleiter für alle, die die Natur lieben und sich über die Fauna und Flora an der Mosel informieren möchten.
Autoren: Carsten Ness und Theo Haart
Verlag: emons
ISBN 978-3-7408-0563-0
Schon im Altertum dienten Kräuter zum Würzen von Speisen, als Heilmittel und zur Herstellung von ätherischen Ölen, sowie zur Verbesserung des Weins, der damals nicht die hohe Qualität wie heute hatte. Auch in den Unterkünften römischer Legionäre waren getrocknete Kräutersträuße keine Seltenheit, da sie ihre Speisen selbst zubereiten mussten. Die Kräutergärten der Klöster erlangten große Berühmtheit.
Im Kräutergarten der Razejunge, als Schullehrgarten angelegt, gedeihen über 40 unterschiedliche, überwiegend wärmeliebende Pflanzen. Sie eignen sich u.a. zur Zubereitung von Tees, Pestos und Salaten. Neben den traditionellen Kräutern wie Rosmarin, Salbei, Thymian, Winterbohnenkraut und Melisse wachsen u.a. auch Bergminze, Griechischer Oregano, Kleiner Wiesenknopf, Rotlaubiger Fenchel, Muskateller Salbei, Indianernessel und Asiatische Duftnessel. Während der Blütezeit der meisten Kräuter vom Frühjahr bis in den Spätsommer verströmen sie einen betörenden Duft und locken unzählige Bienen, Hummeln und Schmetterlinge an.
Durch die Anlage des Würzlaygartens mit seiner großen Anzahl verschiedener Kräuter und regionalen Weinbergblumen und -pflanzen leisten die Razejunge einen wesentlichen Beitrag gegen das Insektensterben und die Förderung der Artenvielfalt an der Terrassenmosel. Die Lehmer Razejunge wurden für ihr Projekt "Förderung der Artenvielfalt in der Lehmener Würzlay" mit dem innogy Klimaschutzpreis 2017 ausgezeichnet.
Von den über vierzig im Würzlaygarten angelegten Pflanzen seien hier an dieser Stelle stellvertretend zwei von ihnen näher beschrieben. Ausführliche Listen und Beschreibungen zu den Pflanzen im Razejunge-Wingert gibt es weiter unten auf der Seite.
Römischer Schildampfer (Rumex scutatus)
Der Römische Schildampfer stellt eine ausdauernde Pflanze dar, die häufig auf den Trockenmauerkronen zu finden ist. Er wächst unmittelbar hinter und auch zwischen den Abdeckplatten. Auch in den Mauerfugen fasst er Fuß. Die Pflanze ist auf Stein- und Geröllhalden zu finden und wächst in den Erd- und Gesteinshaufen eingestürzter Trockenmauer. Der Name bezieht sich auf die schildförmige Blätterform.
Habitus des Römischen Schildampfers
Familie: Knöterichgewächse (Polygonaceae)
Gattung: Ampfer (Rumex) Art: Schild-Ampfer
Wuchshöhe: ca. 10 bis 40 cm.
Form der Blätter: Lang gestielt, spießförmig, dreieckig, rundlich herzförmig.
Blütenstand: Lockere Rispe, wenige, aufrecht-abstehende Äste, Blüten- stiele sind fadenförmig.
Die Perigonblätter sind krautig, ca. 2mm lang. Als Perigonblatt wird bei Blütenpflanzen ein Blatt der Blütenhülle genannt, wenn die Blütenhülle nicht in Kelch und Krone gegliedert ist.
Die Art bevorzugt sonnige Lagen und wird auch als typischer Schuttwanderer bezeichnet. die Pflanze besitzt eine tief verankerte Grundachse mit wandertriebähnlichen Stängeln. Wenn er verschüttet wird wächst er schnell wieder durch Erde und Gestein.
(Text Pflanzenbeschreibung mit Auszügen aus Wikipedia "Römischer Schildampfer")
Blütezeit: Mai bis August
In den heißen Sommermonaten, wenn die Winzer und ihre Helfer entweder keine oder zu wenig durstlöschende Getränke bei sich hatten, halfen sie sich, indem sie die Blätter des Schildampfers kauten. Der Verzehr der pfeilförmigen Blätter mit seinem säuerlichen Geschmack löschte das Durstgefühl.
Der Schildampfer ist reich an Vitamin C. Heute dienen die Blätter des römischen Schildampfers auch als Grundlage für verschiedene Naturkräuterpestos oder werden zerkleinert im Speisequark gegessen. Als Kultursorte ist er auch unter der Bezeichnung Römischer Spinat bekannt. Er findet in der Küche als Salat und Suppengewürz Verwendung.
Weißer Mauerpfeffer (Sedum album)
In den Lebensräumen wie Trockenmauern und Felsfluren fühlt sich der Weiße Mauerpfeffer sichtlich wohl. Er wächst auf Felsen, Felsspalten, auf Trockenmauern und in deren Fugen und Spalten sowie auf steinigem Weinbergboden.
Habitus des Weißen Mauerpfeffers
Familie: Dickblattgewächse (Crassulaceae)*
Gattung: Fetthennen (Sedum)
Art: Weiße Fetthenne
Wuchshöhe: ca. 8 - 20 cm.
Form und Farbe der Blätter: Die wechselseitigen Laubblätter sind 6 bis 20 mm lang,halbstielrund, beiderseits gewölbt, länglich, lanzettlich und abstehend. Die Farbe der Laubblätter reicht von Grüntönen bis rotbraun.
Stängel: Kahl.
Blüten: Zwittrig, radiärsymmetrisch, in der Regel fünf Kronblätter, bis 4 mm lang, weiß bis blassrosa mit rotem Mittelnerv.
Alle Dickblattgewächse sind sogenannte CAM-Pflanzen**. (von Crassulaceen Acid Metabolism = Crassulaceen-Säure-Stoffwechsel) CAM = zeitliche Trennung von Aufnahme und Verarbeitung des CO2
*Text Pflanzenbeschreibung mit Auszügen aus Wikipedia "Weißer Mauerpfeffer"
**CAM Beschreibung verkürzt nach Script Xerothermvegetation Dr. Thomas Becker, Universität Trier
Vorteil von CAM: Spaltöffnungen bleiben tagsüber geschlossen, kaum Wasserverlust.
Nachteil: Der Mechanismus ist energieaufwändig, d.h. langsames Wachstum, geringe Konkurrenzkraft.
Blütezeit: Juni bis September
Der Mauerpfeffer ist die Raupenfutterpflanze des Apollofalters.
Bei Freistellung, Pflege und Sanierung von Trockenmauern achten die Mitglieder des Vereins der Lehmer Razejunge darauf, dass stets kleine Büschel von Mauerpfeffer umgesetzt werden. Aus Stellen mit reichhaltigem Wuchs werden kleine Büschel entnommen und in Spalten und Fugen von bearbeiteten Trockenmauern gesetzt. Die Verpflanzung ist unproblematisch und erfolgreich.
Komplette Liste der von den Razejungen in der Würzlay angepflanzten Gewächse
Stand Mai 2021
Komplette Liste der in der Würzlay wildwachsenden Pflanzen
Stand Mai 2017
Steckbriefe von 45 Pflanzen für die Zwischenzeilen- und Saumbegrünung in Weinbergen
Herausgegeben vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e.V. im Rahmen des Projekts "Steillagenweinbau schafft Vielfalt – Das Moselprojekt"